Die Kartoffel in der Ernährung:
die Inhaltsstoffe

15. Welche Gift- und Schadstoffe können in der Kartoffelknolle enthalten sein?

In pflanzlichen Produkten können als wertmindernde Inhaltsstoffe Alkaloide, Säuren, Saponine, Enzymblocker, Pilz- und Bakteriengifte, Nitrat und Schwermetalle enthalten sein.

Bei ordnungsgemäßem Anbau, richtiger Lagerung, Aufbereitung und Verarbeitung treten in Kartoffelknollen keinerlei toxische Konzentrationen dieser Gift- und Schadstoffe auf. Auch der Alkaloidgehalt, der die Kartoffel über zwei Jahrhunderte in den Verdacht gebracht hat, giftig zu sein (s. Kap. 7, Fragen 35, 36 und 38), stellt bei den heutigen Sorten und der modernen Anbau- und Lagertechnik absolut kein Gesundheitsrisiko dar.

Die Nahrungsqualität von Kartoffeln kann stark beeinträchtigt werden, wenn sie auf Böden mit hohen Schwermetallgehalten angebaut werden. In der Landwirtschaft geschah dies in der Vergangenheit gelegentlich durch die Düngung mit Klärschlamm aus industrieller Herkunft und schadstoffbelastetem Müllkompost. Kartoffelkraut kann Cadmium, Chrom, Blei und Zink sehr stark anreichern, wodurch es bei Gehalten von über 150 ppm/kg Trockensubstanz (150 Millionstel Gramm) zur Wachstumshemmung kommen kann. Früchte und Knollen enthalten aber auch bei hohen Schwermetallgehalten im Kraut immer deutlich weniger dieser Schadstoffe.

Die Hauptglycoalkaloide der Kartoffel sind Solanin und Chaconin. Es sind Giftstoffe, die aus einer alkoholähnlichen Substanz, dem Alkaloid, und Zucker bestehen. Sie dienen der Pflanze als Abwehrmittel gegen Krankheiten und Fraßfeinde. In den Höhenlagen der Anden wachsen stark solaninhaltige Kartoffeln, deren Knollen vor dem Verzehr erst für längere Zeit in fließendem Wasser entgiftet werden müssen. Offenbar ist Solanin für die Kartoffel auch ein Schutzstoff gegen die gewebeschädigende Wirkung der UV-Strahlung, die in Höhenlagen besonders intensiv ist. Die grünen Kartoffelbeeren (Früchte) enthalten etwa 1 % Solanin, die Kartoffelkeime etwa 0,5 %, die Blätter 0,1 % und die Knollen bei Lagerung am Licht maximal 0,06 %. Rohe Kartoffelknollen enthalten bei Dunkellagerung jedoch regelmäßig weniger als 0,01 % Solanin, also weniger als 10 mg/100 g Kartoffeln. Ab einer Dosis von 25 Milligramm (mg) je 100 Gramm Kartoffeln wirkt Solanin auf Menschen giftig. Derartige Knollen sind äußerlich und beim Schälen daran zu erkennen, dass sie bis tief ins Kartoffelfleisch stark ergrünt oder, wie bei der Sorte Hansa, auch violett verfärbt sind. Daher ist in der "Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln" (s. Kap. 5, Frage 6) festgelegt, dass höchstens 8 Gewichtsprozente der Knollen Grünstellen haben dürfen, die durch Schälen nicht zu beseitigen sind. Auch Knollen mit Keimen über 2 mm Länge sind nur bis zu der genannten Gesamttoleranz zulässig, in die auch andere Qualitätsmängel eingehen. Dabei ist es unerheblich, ob die Knolle ganz ergrünt ist oder nur an einer Stelle oder ob sie nur einen Keim oder viele hat.

Solaninhaltige Knollen, die mehr als 0,01 % Glycoalkaloide enthalten, schmecken bitter und verursachen, ähnlich wie scharfer Pfeffer, einen brennenden Reiz auf der Zunge und im Rachen. Während sich diese Geschmacksempfindungen bei einem Solaningehalt von 0,01 % erst allmählich entwickeln, sind sie bei nicht mehr für den Verzehr geeigneten Knollen, die einen Solaningehalt von 0,02 % haben, sofort zu spüren. Schon nach dem Verzehr einer völlig ergrünten Knolle können Vergiftungser-scheinungen auftreten, wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, weite Pupillen, Schwindel, zuletzt Atemlähmung. Da diese Symptome auch bei einer üblichen Magenverstimmung auftreten, deuten sie zunächst nicht auf eine schwere Vergiftung hin. Bei Personen, die der Vergiftung erlagen, trat sieben bis neun Tage nach dem Verzehr solaninhaltiger Kartoffelknollen der Tod ein. Die Patienten waren bis einige Stunden vor dem Tod bei vollem Bewußtsein. Man sollte sich daher bei Verdacht auf Solanin-Vergiftung sofort in eine Klinik begeben und einer Magenspülung unterziehen.

Die natürlich in der Kartoffel vorkommende Chlorogensäure kann während des Kochens zusammen mit Eisenionen die "Kochdunklung" hervorrufen. Es ist dies im Gegensatz zur "Rohdunklung" (s. unten) eine nichtenzymatische Verfärbung. Sorten, die einen höheren Zitronensäuregehalt haben, binden das Eisen, so dass es zu einer weniger starken Verfärbung kommt. Dies wird unter anderem bei der Speisesortenprüfung bewertet (s. Kap. 4, Frage 3). Auch eine ausreichende Düngung der Kartoffelpflanzen mit den Nährelementen Kalium und Magnesium hebt den Zitronensäuregehalt in der Knollen an und verhindert so eine stärkere Verfärbung nach dem Kochen. Verfärbte Kartoffeln sehen zwar unansehnlich aus, können aber bedenkenlos gegessen werden.

Der Nitratgehalt von Kartoffelknollen ist mit 10 bis 500 mg/kg relativ gering. Im Vergleich dazu kann der Nitratgehalt von Blattgemüse, wie Spinat, bei über 1000 mg/kg liegen. Bei einer im Speisekartoffelanbau üblichen Stickstoffdüngung von 120 bis 160 kg/Hektar steigt der Nitratgehalt in der Knolle nicht über 250 mg/kg an. Für die Herstellung von Kindernahrung schreibt die "Diätverordnung" allerdings eine Begrenzung des Nitratgehaltes der Kartoffel auf 100 mg/kg vor. Das bedeutet, dass die Stickstoffdüngung in diesem Fall auf 60 bis 80 kg/Hektar zurückgenommen werden muß. Mit Stickstoff überdüngte Kartoffeln sind bei der Ernte nicht ausgereift, was sich in einer raschen und deutlichen Rohbreiverfärbung äußert (s.Kap. 7, Frage 33). Ähnliche Verbräunungen geschälter oder geriebener Knollen kann man bei Frühkartoffeln beobachten, die wegen der vorzeitigen Ernte nicht voll ausreifen konnten. Auch in feucht-warmen Jahren, in denen die Knollenreife gegenüber trockenen Jahren verzögert ist, kann der Nitratgehalt etwas erhöht sein, was sich in einer stärkeren "Rohdunklung" äußern kann. Bei einem hohen Kalium- und geringen Eiweiß- und Nitratgehalt ist die Verfärbung der rohen geschälten Knollen am geringsten. Die Verfärbung führt zwar zu keiner ernährungsphysiologischen Wertminderung, doch leidet das Aussehen der hergestellten Kartoffelprodukte darunter.

Verfaulte Kartoffeln können Pilz- und Bakteriengifte enthalten. Der Pilz Fusarium coeruleum und andere Fusarium-Arten, die an der Knolle die Weiß- oder Trockenfäule verursachen (zu erkennen an dem eingetrockneten Knollenfleisch und einem weißen Myzelbelag), können Mykotoxine bilden, die an Schleimhäuten von Mund, Rachen und Darm Entzündungen hervorrufen. Diese Toxine bleiben jedoch auf die Faulstelle beschränkt und diffundieren nicht in das gesunde Knollengewebe. Braunfaule, d.h., durch den Pilz Phytophthora infestans infizierte Knollen können, von Schwangeren verzehrt oder berührt, Ancephalie und Spina bifida beim Foetus bzw. Neugeborenen hervorrufen. Nassfaule Knollen können ähnlich wie in faulen Äpfeln das Bakteriengift Patulin enthalten, das zu Nervenschädigung führt, zu erkennen an einem unsicheren schwankenden Gang. Angefaulte Kartoffeln sollten daher ganz weggeworfen und auch nicht an Tiere verfüttert werden.

Nitrat ist für Mensch und Tier nicht schädlich. Toxikologisch ist es nicht anders zu bewerten als Kochsalz. Erst die Umwandlung zu Nitrit kann den roten Blutfarbstoff Hämoglobin so verändern, dass der Sauerstofftransport im Blut blockiert ist. Fälle von "Blausucht" durch Nitritbildung bei Säuglingen sind in Deutschland in den letzten Jahrzehnten nicht bekannt geworden. Nitrit wird außerdem verdächtigt - ohne dass es bisher am Menschen nachgewiesen werden konnte -, mit körpereigenen Aminen krebserregende Nitrosamine zu bilden. Daher hat die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) einen Richtwert für die duldbare Tagesaufnahme von 3,6 mg Nitrat/kg Körpergewicht festgesetzt. Das heißt also, ein 70 kg schwerer Mensch könnte ohne gesundheitliche Beeinträchtigung pro Tag insgesamt rund 250 mg Nitrat aufnehmen. Davon ist er aber weit entfernt. Ein Bundesbürger nimmt durchschnittlich nur 91 mg Nitrat auf, von dem 70 % aus Gemüse und 10 % aus dem Trinkwasser stammen.

Einfluß von Z u b e r e i t u n g und V e r a r b e i t u n g auf den Nährwert der Kartoffel



zurück - Seitenbeginn - home