Die Kartoffel in Kunst und Literatur:
Lieder, Gedichte und Erzählungen

28. Welcher bekannte deutsche Schriftsteller war auch Kartoffelzüchter?

Es war Hans F a l l a d a (1893-1947), der lange Jahre Gutsinspektor in Hinterpommern war. In seinen Lebenserinnerungen "Wie ich Schriftsteller wurde" schreibt er: 
"Ich war damals ziemlich weit weg von der Schriftstellerei und ich dachte auch mit keinem Gedanken an so etwas wie Bücher. Immer war ich müde, immer hatte ich Hunger. Und doch habe ich all diese Zeit - aber das erfuhr ich erst Jahrzehnte später - gelernt, für das, was ich einmal werden sollte: ein Schriftsteller. Ich war nämlich fast immer mit Menschen zusammen, ich stand hinter den endlosen Reihen der schwatzenden Frauen beim Rübenhacken, beim Kartoffelnbuddeln, und ich hörte die Frauen und die Mädchen schwatzen, von morgens bis abends ging das. Nein, ich wurde nicht Soldat oder wurde es nur für elf Tage, dann hatten sie - für den ersten und zweiten Weltkrieg - genug von meinen militärischen Fähigkeiten und schickten mich wieder fort. Aber der Krieg brachte es so mit sich, dass ich nach Berlin kam, an eine der damals bestehenden Kriegsgesellschaften, an die Kartoffelbaugesellschaft, und von da an hatte ich mich nur noch damit zu beschäftigen, den Kartoffelanbau in deutschen Landen zu fördern. Ich wurde ein Spezialist in Kartoffelzüchtung, in meinen besten Zeiten habe ich rund 1200 Kartoffelsorten nicht nur dem Namen nach gekannt, sondern auch nach dem Aussehen, den Augen, der Form und Farbe der Knolle zu bestimmen gewußt."
(s. Kap. 1, Frage 48)

In seinem 1934 erschienenen Roman "Wir hatten mal ein Kind", das Fallada "mein liebstes und schönstes Buch" nennt, nutzt der Autor seine landwirtschaftlichen Kenntnisse für eine realistische Darstellung des Landlebens an der mecklenburgischen Ostseeküste. Zunächst stellt er den Unter-schied zwischen Bauer und Bäuerin dar: "Der Garten ist das einzige Stück Land auf dem großen Hof, das die Frauen unter ihrem Kommando haben. Der Hof ist hundertachtzig Morgen groß, das sind vierhundertfünfzigtausend Quadratmeter, der Garten ist sechshundert Quadratmeter groß. Diese Zahlen drücken ziemlich richtig die Wichtigkeit vom Bauern und seiner Frau aus". Dann bringt der Autor seine Kartoffelkenntnisse ins Spiel: "Nun wollte sie [die Frau] - aus purem Unverstand - mit dem Bauern konkurrieren. Sie hätte Schoten, Stangenbohnen, Schnittlauch, Porree, Kohl bauen sollen, das war ihr Gebiet. Aber nein, der Bauer baute Kartoffeln, so baute sie auch Kartoffeln. Und ihre Kartoffeln wuchsen und wuchsen, die Blätter der Stauden waren blaugrün, ihre Stängel strotzten vor Saft. Der Sommer verging, der Herbst kam. Die Kartoffeln auf den Feldern waren längst abgewelkt und braun, sie hatten ihren Saft und ihre Kraft in die Knollen geschickt. Die Gartenkartoffeln, die Frauenkartoffeln - ihr Kraut lag triefend vor Nässe, tiefgrün, wie erschlagen auf dem Boden. Und als man sie schließlich aufnahm, was war die Ernte? Kartöffelchen wie Kirschkerne, wie Walnüsse, das war der Ertrag dieser strotzenden Kartoffelstauden. Sie hatten im ewigen Schatten gestanden, keine Sonne war zu ihnen gedrungen, sie hatten ihre ganze Kraft ans Blattwerk verschwendet, mit dem sie zum Licht hatten vordringen wollen. Es war ihnen nicht gelungen."



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