Die Kartoffel in der industriellen Verwertung

Alkohol:
46. Wie ist die Branntweinerzeugung aus Kartoffeln in Deutschland geregelt?

Das "Gesetz über das Branntweinmonopol" (BranntwMonG) vom 8. April 1922 ist eine nationale Marktordnung für Branntwein, die regelt, wer brennen und was und wieviel gebrannt werden darf, und in welcher Höhe die Branntweinsteuer eingehoben wird (s. Kap. 1, Frage 44).

Aufgrund der ungünstigen Bestands- und Absatzlage für Alkohol wurden im Betriebsjahr 1998/99 (Oktober/September) die Jahresbrennrechte um 10-15 % gekürzt. Das Monopolgesetz unterscheidet zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Brennereien. Gewerbliche Brennereien kaufen ihre Rohstoffe auf dem freien Markt. Sie durften nur noch 70 % statt vorher 85 % ihres Brennrechts nutzen, gewerbliche Melassebrennereien und Hefefabriken sogar nur 60 % statt der zuvor gewährten 75 %. Weil das Monopol dem Ziel dient, bäuerliche Strukturen zu erhalten, wurden die Brennrechte der landwirtschaftlichen Kartoffel- und Kornbrennereien nur um 10 % (von 85 auf 75 %) gekürzt. Diese Schutzfunktion des Branntweinmonopols hat besonders in den Regionen seine besondere Bedeutung, wo wegen der geringen Bodengüte (Sandboden) nur Kartoffeln und Roggen angebaut werden können.

Grundsätzlich ist Alkohol, der im Monopolgebiet erzeugt wird, an die "Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BMonV)" in Offenbach/Main abzuliefern, eine Bundesbehörde, der die Durchführung des Branntweinmonopols obliegt. Von der Ablieferungspflicht ausgenommen sind Alkohol aus Korn, worunter das Monopolrecht Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Buchweizen versteht, sowie Alkohol aus Obst und Wein. Die BMonV reinigt den von ihr zu einem Durchschnittspreis von 2,51 DM/l übernommenen Branntwein, verkauft ihn und hebt einen Regelsteuersatz von 2.550 DM für 100 Liter reinen Alkohol ein, wenn er als Trinkbranntwein verwendet wird (s. Frage 47). Die Monopolverwaltung übernimmt also die gesamte deutsche aus Kartoffeln erzeugte Trinkbranntweinmenge von jährlich rund 500.000 Hektolitern für 180 Millionen DM und hebt dafür Steuern in Höhe von 1,125 Milliarden DM ein, ein "Gewinn" von mehr als dem sechsfachen des Einstandspreises. Daher ist die Branntweinerzeugung aus Kartoffeln eine unverzichtbare Säule des Staatshaushaltes.

Seit 1996 dürfen landwirtschaftliche Kartoffelbrennereien aus bis zu 45 % der Rohstoffe in Form von selbst erzeugtem "anderem Getreide als Korn" (die Weizen-Roggen-Kreuzung Triticale und/oder Mais) Alkohol brennen, was technisch ohne große Änderungen möglich ist. Bei einer geringen Kartoffelernte können die Betriebe so meist ihr Brennrecht voll ausschöpfen. Da auch Kornbrenner, vor allem bei fallenden Getreidepreisen, aus Triticale und Mais Alkohol brennen, der ablieferungspflichtig ist und in den Tank für Kartoffelalkohol fließt, vermindern sich dadurch die Brennrechte der Kartoffelbrenner.

Voraussetzung für die Verleihung des landwirtschaftlichen Kartoffelbrennrechtes ist die Anerkennung des "besonderen betriebswirtschaftlichen Bedürfnisses" durch das Bundeslandwirtschaftministerium. Landwirtschaftliche Betriebe, die einer Kartoffel-Genossenschaftsbrennerei angehören, sind wegen der Sandböden, auf denen sie wirtschaften, meist auf eine Kartoffel-Roggen-Fruchtfolge festgelegt, weil nur diese beiden Kulturpflanzen hier wirtschaftliche Erträge bringen. Die Kartoffel verwerten sie über die Brennerei, verfüttern die Schlempe und düngen ihre Flächen mit dem anfallenden Stallmist oder der Gülle. Durch diesen biologischen Kartoffel-Schlempe-Stallmist-Kreislauf ist der Mineraldüngeraufwand gering, sodass sich das Betriebsergebnis, auch wegen der für den Kartoffelalkohol gezahlten Festpreise, trotz der geringen Bodengüte positiv entwickeln kann (s. Frage 47).



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