Die Kartoffel und die Züchtung

8. Wer betreibt Kartoffelzüchtung und -forschung?

  1. Züchtung und Züchtungsforschung
  2. In Deutschland beschäftigen sich etwa 35 Unternehmen mit der Kartoffelzüchtung oder sind Inhaber von Schutzrechten an Kartoffelsorten. Die bedeutendsten sind die Bavaria Saat, Brunnen, die Kartoffelzucht Böhm, Lüneburg, die Saatzucht Firlbeck, Atting, die Nordring-Kartoffelzucht- und Vermehrungsgesellschaft (NORIKA), Groß Lüsewitz, die Saka Pflanzenzucht Hamburg, die Ragis Kartoffelzucht- und Handelsgesellschaft, Einbeck, die Stader Saatzucht, Stade und die Vereinigten Saatzuchten, Ebstorf. Der bedeutendste holländische Kartoffelzüchter ist die Agrico, Emmeloord, ein genossenschaftlicher Zusammenschluß von 2.200 Mitgliedern, die auf über 20.000 Hektar jährlich 950.000 Tonnen Kartoffeln erzeugen. Bei einem Umsatz von 600 Millionen DM entfallen 55 % auf die Züchtung neuer Kartoffelsorten und die Vermehrung der bestehenden Sorten.
    Staatliche Basiszüchtung bei Kartoffeln (v.a. Krankheitsresistenz und neue Stärkeformen) wird in der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (BLBP) in Freising betrieben.
    Das Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung Köln (MPI) beschäftigt sich mit der gentechni-schen Veränderung der Kartoffel (s. Frage 6).

    In der zentralen deutschen Kartoffel-Genbank Groß Lüsewitz* des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben (IPK) werden 2000 Kulturkartoffelsorten als Pflänzchen in vitro (im Reagenzglas auf Nährboden) gehalten, 2800 Samenproben von 130 Wildkartoffelarten gelagert und Sproßspitzen von mehr als 200 alten Kartoffelsorten "kryokonserviert", d.h., sie werden in flüssigem Stickstoff gelagert und bleiben somit als Genquellen "auf ewig" für die Züchtung erhalten. Da sich Kartoffelknollen gekühlt höchstens 15 Monate lagern lassen, müssen sie jährlich wieder ausgepflanzt und vermehrt werden. Durch Kryokonservierung erübrigt sich die in-vivo- (Feld-)Vermehrung. Die Sorteneigenschaften können über http://www.genres.de/eva/kartoffel/htm abgerufen werden.
    Die wichtigste Aufgabe von Genbanken ist die Bewahrung der genetischen Vielfalt durch Erhaltung und Vermehrung von Wildarten und nicht mehr angebauter Kultursorten. Auch die "genetischen Ressourcen" der Kartoffel sind durch fortschreitende Zerstörung der Ökosysteme in den südamerikanischen Anden und Verdrängung regionaler "Landsorten" durch moderne "Leistungssorten" gefährdet. In Südamerika arbeitet das Internationale Kartoffelzentrum (Centro International de la Papa, CIP) in Lima/Peru dieser Entwicklung entgegen. Auch die nordamerikanische Kartoffelgenbank (Potato Introduction Station des US-Department of Agriculture - Agricultural Research Service (USDA-ARS)) in Sturgeon Bay im US-Bundesstaat Wisconsin erhält tausende von Zuchtstämmen von über 150 Kartoffelarten. Weitere Kartoffelgenbanken gibt es in Wageningen (Niederlande), St. Peterburg (Rußland, Vavilov'sches Institut), Kiew (Ukraine), in Großbritannien, Irland, Frankreich, Österreich und Schweden. Alle Kartoffelgenbanken der Welt arbeiten in der Association of Potato Intergenebank Collaborators (APIC) zusammen.

  3. biologisch-technische Forschung
  4. Die Schwerpunkte der biologisch-technischen Kartoffelforschung an der Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung (BGKF) in Detmold umfassen die Themen Wertprüfung, Inhaltsstoffe, Technologie der Verarbeitung, Rohstoffqualität, Produktqualität, Analytik, Speisekartoffelqualität und Qualität der Kartoffelstärke.
    Die 1960 in Schweden gegründete European Agency for Potato-Reasearch (EAPR) ist eine freie Vereinigung von Kartoffelforschern, der heute über Europa hinaus 58 Länder angehören. Staatliche Basiszüchtung bei Kartoffeln (v.a. Krankheitsresistenz und neue Stärkeformen) wird in der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (BLBP) in Freising betrieben.

    Der 1993 erstmals in Kanada durchgeführte World Potato Congress (WPC) dient ebenfalls dem internationalen Wissenstransfer aus allen Bereichen der Kartoffeltechnologie.
    Das Kuratorium für Landtechnik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) in Dethlingen führt Untersuchungen zur Anbau-, Sortier- und Lagertechnik von Kartoffeln durch.
    Die Fördergemeinschaft der Kartoffelwirtschaft e.V. (FG) in Dethlingen fördert wissenschaftliche Diplomarbeiten aus dem Themenbereich Kartoffel, zuletzt eine Arbeit die sich mit der Impfung der Kartoffelstauden gegen Viren befasste.


*) Groß Lüsewitz liegt im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Seit 1992 sind hier, im ehemaligen Institut für Kartoffelforschung der "DDR", die Kartoffel-Sammelsortimente der westdeutschen Genbank bei der Forschungsanstalt für Landwirtschaft Braunschweig-Völkenrode (FAL), des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung Köln (MPI, "Erwin-Baur-Sortiment") und das "DDR"-Sortiment vereinigt.



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