Die Kartoffel in Kunst und Literatur:
Lieder, Gedichte und Erzählungen 

4. Wer "sammelt mit Gesang der Kartoffel Überschwang"?

Seine fünf Buben weist der mecklenburgische Dichter Johann Heinrich V o ß (1751-1826), Enkel eines freigelassenen Leibeigenen, in dem Gedicht "Die Kartoffelernte" (um 1800) mit folgenden Worten an:

(1)
Kindlein, sammelt mit Gesang
der Kartoffeln Überschwang!
Ob wir voll bis oben schütten
alle Mulden, Körb' und Bütten;
noch ist immer kein Vergang (Ende)!
  (5)
Nein, ein Mann ward ausgesandt,
der die neue Welt erfand (Amerika entdeckte)!
Reiche nennens Land des Goldes;
doch der Arme nennts sein holdes
nährendes Kartoffelland!
(2)
Wo man nur den Bulten (Damm) hebt,
Schaut, wie voll es lebt und webt!
O die schöngekerbten Knollen,
weiß und rot, und dick geschwollen
immer mehr, je mehr man gräbt!
  (6)
Nur ein Knöllchen eingesteckt,
und mit Erde zugedeckt!
Unten treibt dann Gott sein Wesen!
Kaum sind Hände gnug zum Lesen,
wie es unten wühlt und heckt (treibt)!
(3)
Nicht umsonst in bunter Schau
blüht' es rötlich, weiß und blau!
Ward gejätet, ward gehäufet:
Kindlein, Gottes Segen reifet!
Rief ich oft, und trafs genau!
  (7)
Was ist nun für Sorge noch?
Klar im irdnen Napf und hoch,
dampft Kartoffelschmaus für alle!
Unsre Milchkuh auch im Stalle
nimmt ihr Teil, und brummt am Trog!
(4)
Einst vom Himmel schaute Gott
auf der Armen bittre Not:
Nahe gings ihm; und was tat er
uns zum Trost, der gute Vater?
Regnet' er uns Mannabrot?
  (8)
Aber, Kindlein, hört! ihr sollt
nicht verschmähn das liebe Gold!
Habt ihr Gold, ihr könnt bei Haufen
schöne Saatkartoffeln kaufen,
Grad' aus Holland, wenn ihr wollt!

Seine Übertragung Homers ins Deutsche hat Voß bekannt gemacht. Mit seinem Freund Matthias Claudius vereinte ihn aber neben der dichterischen Ausdruckskraft offenbar auch die Liebe zur Kartoffel (s. Frage 1).



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