Kartoffelgeschichte und -Geschichten

34. Worum ging es im "bayerischen Kartoffelkrieg" von 1947?

Bayern musste in den ersten Nachkriegsjahren große Mengen an Speisekartoffeln nach Berlin abliefern und das auch in dem Trockenjahr 1947 und während der Berliner Blockade 1948 (s. Frage 59). Die bayerischen Bauern aber hatten nur Strohschuhe an den Füßen, in denen sie die anstrengende Kartoffelernte bewältigen mussten. Und nun sollte man in dem Hungerjahr von den wenigen Kartoffeln auch noch welche abliefern! Der damalige bayerische Landwirtschaftsminister Professor Josef Baumgartner rief daher die Bauern zum Ablieferungsboykott auf, worauf er vom Bizonenrat (der britischen und amerikanischen Besatzungszone) entlassen wurde. 

Nun vollzogen Besatzungssoldaten auf Veranlassung des Frankfurter Wirtschaftsrates die Kartoffelkontributionen. Baumgartner, der Bauernsohn aus Sulzemoos bei Dachau, forderte daraufhin öffentlich, dass der Entnazifizierung nun endlich auch eine "Entbazifizierung" folgen müsse. Aus Berlin war das Übel des Krieges gekommen. Dorthin wollte man gewiss keine bayerischen Kartoffeln versenden, und außerdem sollten alle norddeutschen Kriegsflüchtlinge wieder aus Bayern verschwinden. Noch im gleichen Jahr konnte sich Baumgartner, der Führer der Bayernpartei, als Sieger im "bayerischen Kartoffelkrieg" fühlen: Der SPD-Ministerpräsident Wilhelm Hoegner rief ihn ins Kabinett zurück und schickte gleichzeitig mehrere tausend "Bazis", Mütter mit ihren Kindern, die in Oberbayern Zuflucht vor dem Krieg gefunden hatten, auf einer dreiwöchigen Bahnreise im Winter in die kriegszerstörte Stadt Essen zurück, wo sie noch ein halbes Jahr in Bahnwaggons hausen mussten.



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