Kartoffelgeschichte und -Geschichten

33. Worum ging es im Kartoffelkrieg von 1778/79?

Es war der bayerische Erbfolgekrieg, der vom Preußenkönig Friedrich II., der Große und Sachsen gegen Kaiser Joseph II. um die Stellung Österreichs im Reich nach Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher am 30.12.1777 geführt wurde. Rechtmäßiger Erbe Bayerns war Karl Theodor von Pfalz-Zweibrücken, dessen Ansprüche jedoch Kaiser Joseph II. nicht anerkannte. Karl Theodor betrieb daher einen Tausch Bayerns gegen Belgien, wodurch Bayern an Österreich gefallen wäre. Nachdem Verhandlungen mit dem Kaiser in Wien nicht fruchteten, begann Friedrich am 5. Juli 1778 mit dem Einmarsch in Böhmen mit seiner 80.000 Mann starken Armee den Bayerischen Erbfolgekrieg. Für Preußen und Frankreich war die bayerische Selbständigkeit mehr wert als ein paar hinzugewonnene Provinzen, denn ein geschlossener österreichisch-bayerischer Staat wäre zur entscheidenden europäischen Großmacht geworden. Friedrich der Große verhinderte dies durch seine Kriegsbereitschaft. Ihm verdankt Bayern somit den Erhalt seiner Eigenstaatlichkeit. Der Vormarsch kam jedoch wegen Versorgungsschwierigkeiten bald zum Stehen. Ohne eine Schlacht geschlagen zu haben, rückten die Soldaten im Oktober in die Winterquartiere ein.

Der Bayerische Erbfolgekrieg wurde wegen der leeren Hin- und Hermärsche von den Preußen als "Kartoffelkrieg" verspottet, weil sich die "Kampfhandlungen" darin erschöpften, dass sich die Soldaten beider Mächte auf den Äckern um die Kartoffeln balgten. Der "Krieg" ging 1779 zu Ende, ohne dass ein Schuss gefallen war. Bei den österreichischen Soldaten blieb allenfalls Magengrimmen übrig von den zuviel genossenen reifen Pflaumen am Wegesrand. Für sie war der Krieg auch nur "Zwetschgengrummel". Im Frieden von Teschen (1779), der von Rußland garantiert wurde, erhielt Österreich nur das bayerische Innviertel mit den Städten Braunau und Schärding, Friedrichs Erbansprüche auf die Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth wurden bestätigt und Karl Theodor musste aus seinem geliebten Mannheim nach München umsiedeln und bayerischer Kurfürst werden.

Aber auch dieser Krieg ohne Kampfhandlungen kostete 1500 Soldaten auf beiden Seiten das Leben: Sie starben an der Roten Ruhr! Den Toten des Krieges stiftete der Adjutant Friedrichs, Oberst Billerbeck auf Bauchlitz in Holleben (Saalkreis) ein Denkmal, das heute noch steht.

Der Kämpfer gegen den Militarismus, der Schriftsteller Kurt T u c h o l s k y (1890-1935), beschreibt in seiner Erzählung "Die Kartoffeln" eine Verbrüderung von Kriegsgegnern im Zeichen der Kartoffel. Zum gemeinsamen Kartoffelessen auf dem "Feld der Ehre", wo man in der Regel aufeinander schießt, trafen sich im Krieg 1870/71 deutsche und französische Soldaten. "Und da verschwand der Hass, den man ihnen eingeredet hatte."



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