Die Kartoffel auf dem Acker:
BOTANIK

5. Wie vollzieht sich das Dickenwachstum der Kartoffelknollen?

Im Frühsommer kommt das Längenwachstum der unterirdischen Ausläufer allmählich zum Stillstand, und es setzt an der Spitze der fädigen Ausläufer ein kräftiges Dickenwachstum ein, das botanisch als "primäres und sekundäres parenchymales Dickenwachstum des medullären Typs" bezeichnet wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass Zellteilungen sowohl im Stolonengewebe ablaufen ("primäres Dickenwachstum"), als auch später, wenn die Stolonenspitze schon als Knolle erkennbar ist, im Knollengewebe ("sekundäres Dickenwachstum"). Weil die Teilung von Parenchymzellen - das sind einfache Füllzellen - durchgeführt wird, spricht man von der "parenchymalen" Form des Dickenwachstums. Bei Kartoffelknollen findet diese diffuse Zellvermehrung in den innere Gewebebereichen, dem Mark ("medullär"), statt und nicht in der Rinde ("cortical"). Die Rindenschicht der Kartoffelknolle zwischen Gefäßündelring (s. Frage 3) und Schale ist daher relativ schmal. Durch die fortschreitende Verdickung wird die Haut (Epidermis) mehrmals gesprengt und wieder neu gebildet, bis sie durch ein braunes Korkgewebe, die Schale (Periderm), ersetzt wird, das die Knolle vor Feuchtigkeitsverlust schützt. Infolge des Dickenwachstums ziehen sich die Ansatzstellen der kaum erkennbaren Niederblätter mit den Augen (Knospen) auf der Knolle halbmondförmig in die Breite. Bei alten Sorten und Wildkartoffeln sind die Knospen auf der Knollenoberfläche tatsächlich so breit und tief, dass man meint, es schauten menschliche Augen daraus hervor.

In heißen trockenen Sommern kann die Endknospe der Knolle nach Wiederbefeuchtung des Bodens durch Gewitterniederschläge austreiben und als Ausläufer weiterwachsen, an dessen Ende es abermals zur Knollenbildung kommt. Wenn sich die Knollenbildung rhythmisch wiederholt, spricht man von "Kindelbildung", sitzen die später gebildeten Knollen eng auf der ersten Knolle, oder sind mit dieser verwachsen, so spricht man von "Puppigkeit" oder von "Kartoffelpuppen". Die Tochterknolle wird hierbei unfreiwillig zur Mutterknolle, was man daran erkennen kann, dass sie rauhschalig ist. Die Kindeln entziehen den primären Tochterknollen Nährstoffe, was zur Glasigkeit der Knollen führt. Die durch Zwiewuchs entstandenen Kindel sind oft so klein, dass sie bei der Ernte nicht erfasst werden, während die Puppen so unförmig und groß sind, dass sie aussortiert werden müssen. Aber sie regen die Phantasie an, und mit wenigen Handgriffen kann man aus ihnen ein lustiges Kartoffelmännchen gestalten.

Zwiewuchs kann man durch rechtzeitiges Beregnen vermeiden. Ist es für das Beregnen zu spät, weil der Durchwuchs schon induziert wurde, so kann man durch Spritzung der Konsumkartoffeln mit einem Wuchsstoffherbizid (0,5 Liter MCPA je Hektar bei Trockenheit, 1 Liter bei feuchtem Boden) die Bildung von Kindeln verhindern. Sie werden durch das absterbende Kraut nicht mehr ernährt und können daher die primären Knollen nicht mehr aussaugen Diese Empfehlung gilt, wenn die primären Tochterknollen größer als 35 mm sind. Sind sie kleiner und gibt es schon Durchwuchs, soll man nicht spritzen und die Kindeln auswachsen lassen. Sind die Kindeln schon erbsengroß, ist ebenfalls von eine MCPA-Spritzung abzuraten. Die Wirkung ist dann zu gering und es können Ertragsschäden entstehen.



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