Die Einführung der Kartoffeln nach Europa

Die Einführung der Kartoffeln nach Europa soll auf zwei verschiedenen Wegen erfolgt sein.

Als die Spanier Peru und Chile (1525-1543) eroberten, fanden sie hier Kartoffeln angebaut, und zweifelsohne gelangten diese von dort zwischen 1560 und 1570 nach Spanien, wo sie zuerst in der Provinz Galicien gebaut wurden. Von hier nahmen sie ihren Weg nach Portugal und durch den Italiener REDI 1564 nach Italien, wo sie in den 1580er Jahren schon soweit bekannt waren, dass ein Verwandter des päpstlichen Legaten dem Präfekten von MONS in Belgien, PHLLIPP von SIVRY, Herrn von WALLENHEIM, einige Knollen senden konnte, womit dieser Anbauversuche unternahm. Er sandte 1588 an CHARLES de l'ECLUSE, den Vorsteher der kaiserlichen Gärten zu Wien, zwei Knollen, sowie 1589 einen blühenden Kartoffelzweig.

CASPAR BAUHIN erhielt 1590 von dem Breslauer Arzt Dr. LORENZ SCHOLZ, der sie angeblich seit 1587 in seinem Garten baute, Abbildungen von Kartoffelpflanzen zugesandt, woraufhin er ihr den wissenschaftlichen Namen "Solanum tuberosum esculentum" beilegte und in seinem Phytopinx 1596 eine Beschreibung, sowie im Prodomus eine Abbildung lieferte.

Auf dem zweiten Weg, nämlich aus Virginien, soll 1586 die Kartoffel nach England gelangt sein. Bezüglich dieser Einführung sind zahlreiche Irrtümer verbreitet. So bringt man die Einführung der Kartoffel nach England mit dem Sklavenhändler JOHN HAWKINS in Beziehung, der 1565 im Hafen von Santa Fé Kartoffeln als Schiffsprovision eingeladen und bei seiner Heimkunft die Knollen im Hafen von Halifax ausgefrachtet habe, wo sie verschleppt wurden. Und ein gleiches gilt von der Behauptung, dass der Admiral Sir FRANCIS DRAKE 1580 Kartoffeln nach London eingeführt habe. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um eine Verwechslung mit der süssen Batate (Ipomoea batatas).

Ferner wird auch dem Kolonisator von Virginien, Sir WALTER RALEIGH, die Einführung im Jahre 1584, 1610 und sogar nach Irland 1623 zugeschrieben, obwohl er 1618 im Tower enthauptet worden ist. Dagegen ist bezeugt, dass der Mathematiker THOMAS HERRIOTT, ein Teilnehmer an der Entdeckungsreise RALEIGHS, die Kartoffel aus Virginien 1586 nach England einführte und aufs deutlichste beschrieb.

Auch der englische Botaniker JOHN GERARDE erhielt aus Virginien Kartoffeln, die er 1597 in seinem "Herbar" abbildete und beschrieb.

Die nach Spanien eingeführten Formen sollen dunkelviolett blühend und rotschalig gewesen sein, während nach England hellviolett blühende, weissschalige Formen kamen.

Was Deutschland anbetrifft, so ist angeblich die Kartoffel von dem Breslauer Arzt Dr. SCHOLZ schon um 1587 angebaut worden; auch zog JOACHIM CAMERARIUS 1588 Kartoffeln in seinem Garten zu Nürnberg und 1595 Graf von HELFSTEIN in seinem Garten zu Wisentsteig.

Um diese Zeit war die Kartoffel nach KASPAR SWENKFELDER auch in Schlesien ziemlich gewöhnlich und wurde, in der Asche geröstet, verzehrt.

OLIVER de SERRES spricht in seinem Théātre d'Agric. et Ménage de champs 1604 von der "Cartoufle" als einer kürzlich aus der Schweiz nach der Dauphiné gebrachten Pflanze. Bald darauf, 1616, erschienen Kartoffeln auf der königlichen Tafel in den Tuilerien.

Im Elsass begann der Anbau um 1623. Nach Toskana aoll sie 1625 durch Karmelitermönche aus Spanien gebracht worden sein.

Der Kartoffelbau begann in Lothringen und Lyonnais um 1630, in Westfalen und Niedersachsen um 1640, in Braunschweig um 1647, und in demselben Jahre führte sie HANS KOGLER aus Selb im Voigtlande ein, und im Berliner Lustgarten baute sie 1651 der Grosse Kurfürst an. Nach Ungarn gelangte sie durch aus Deutschland heimkehrende Studenten um 1654.

FLORINUS kennt den Kartoffelbau 1702 um Nürnberg. Nach Württemberg wurden die Kartoffeln zuerst 1710 durch den Waldenser ANTOINE SEIGNORET gebracht, und nach Sachsen 1717 durch den Generalleutnant von MILKAU aus BRABANT. 1726 kamen die Kartoffeln nach Schweden, 1730 nach der Schweiz und 1737 nach Finnland. Die Pfälzer scheinen 1720 den Kartoffelbau nach Preussen verpflanzt zu haben.

Eine grössere Verbreitung fand ihr Anbau in Deutschland, jedoch erst infolge der Hungersnot von 1745 und durch die Bemühungen FRIEDRICHS des GROSSEN. Leider wurden die von ihm angeordneten Anbauversuche in jener Zeit der alten Dreifelderwirtschaft nur mit dem grössten Widerstreben, namentlich in Pommern in Angriff genommen, so dass eigentlich erst die Teuerungen von 1771 und 1772 alle Vorurteile nachhaltig beseitigten, und seit dieser Zeit begann die Kartoffel, hauptsächlich auf den leichten Sandböden, eine vollständige Umänderung des landwirtschaftlichen Betriebes anzubahnen.

Vom Anfang der Kartoffel im sächsischen Fichtelgebirge kann hier etwas gelesen werden.



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